Die Hirtin der Sonne

Während Sonnenauge so vor sich hin träumte,
begriff er mit einem Mal, warum es die Erde gab:

„Die Erde ist die Hirtin der Sonne. Sie sammelt auf ihrem Weg alle Strah-
len wieder ein, die sich in ihrer unendlichen (S)(D)ehnsucht von der
Sonne abgetrennt haben, und bringt sie zur Sonne zurück;
und mit ihnen alle Wolkenschäfchen, die aus
diesen Strahlen hervor gewachsen und
zu Geschichten geworden sind.

Die Erde

ist die Hirtin der Sonne!
Der Umweg, den sie wandelt, ist der Pferch.
Sie hütet ihre Strahlen wie Schäfchen,
sie trägt sie vom Tal auf den Berg.
Sie zieht sie groß
– sie führt sie zusammen –
sie gibt sie der Mutter,
von der sie stammen,
im Einverständnis
zurück.
Sie filtert ihr
Geschick
– zum –
Glück.

Wie wunderbar das doch ist!“ dachte Sonnenauge.
„Da wächst aus den Strahlen der Sonne ein Reich,
das Filter ist und Grube, Pferch und Nährboden,
Täuschung und Enttäuschung, Umweg und
Rückweg, Losung und Lösung zugleich.

Es trägt einen langen Kometenschweif
und wandert zwischen Sinn und Sinn
auf einem Umweg um die Sonne hin
– wie ein Hirte mit seiner Herde –
– zwischen Sein und Werde –
und nennt sich
– Erde!“-

S
o
n
n
e
n
a
u
g
e

sah
die Erde
und ihren Umweg
mit ganz neuen Augen an

– mit liebevollen, mit dankbaren Augen! –
geradeso, als habe er eben das erste Mal
tatsächlich in sein Zauberrohr geblasen
– aus dem Traum in die Wirklichkeit –
aus der Vorahnung in den
Neuen Tag
hinein!

„Wer diesen Umweg beachtet, wird
zur Rückkehr reif.
Und er blinzelt auch nicht mehr
zwischen Leid und Freude,
weil er sich vermisst.
Er weiß, dass er
ebenbürtig
ist!“

– dachte er froh –

Und er blinzelte auch nur noch
einen ganz winzigkleinen Augenblick lang,
als er seine Augen nun wieder von der Erde zum Himmel wandte.
Aus alter Gewohnheit sozusagen!