Ein
Sinnbild zeitlosen Sehens

‚Dieses
Gesicht
ich möchte es sehen!‘
dachte Sonnenauge wieder
und wieder
‚Ich wünschte,
es würde mir beim Werfen entstehen!
Beim Neuen Entwurf meines Lebens!
Ach, bitte! Er wär‘ sonst vergebens!‘

So bat er im Stillen und sah sein Schäfchen fragend an.
Doch dieses hielt die Augen geschlossen, als wäre es irgendwie
verdrossen
Allem Anschein nach wollte es ruh’n. Allem Anschein nach sollte er den
Wurf alleine tun. Er schüttelte die Samen in seiner Hand – des neuen Lebens
Unterpfand. Doch das Schäfchen hatte ihm noch gar nichts erklärt?
Vielleicht würde ihm ja alles von alleine beschert.

Tief
unter der Blauen Glockenblume sah er,
dem himmlischen Urbild zum Ruhme, nun wieder
die Geöffnete Dotterblume.
Die Blume des Werdens und des Geschehens, die Blume
des scheinbaren Vergehens!
Er sah sie in Linien so klar, als ob sie in die Erde eingeschrieben war.
Ein Sinnbild zeitlosen Sehens!

Sie trug die Zahlen die Seiten des Buchs,
sie trug jeden kleinsten und größten Versuch,
sich zurück in den Himmel zu heben. Sie trug das ganze Leben!

Und dieses Leben war wie ein Kreis, in dem jeder den Platz seiner
Sichtweise weiß, der ihm von der Sonne gegeben.

Ihr Strahlen atmete im Raum und teilte ihn zum Lebensbaum,
zu Kelchen und Blüten und Zweigen und zu Brücken, die
sich demutsvoll neigen.

Zu Tropfen und Pollen und Weisungen auch
zu wellenumwogenem Atemhauch –
um das himmlische Spuren und Spüren
zur sichtbaren Ordnung
zu führen.

‚Die
Schaukelnde Dotterblume
Morgentränes!‘

dachte Sonnenauge bewegt.
‚Nie hätte ich gedacht, dass sie so bedeutsam ist.
Ein Auge, durch das die Welt vom Himmel zur Erde fällt!
Ein Alles im Nichts – ein Nichts in Allem!
Nie wäre mir das eingefallen, als ich Morgenträne auf ihr reiten sah,
als wüsste sie gar nicht, was ihr geschah.

Nie hätte ich gedacht am Anbeginn, dass sie den Urwurf krönt in
solchem tief bewussten Sinn.
Stets schien mir diese Blume allzu kindlich und verwöhnt!
Ich dachte,
Morgenträne hätte sie strenger am Zügel halten müssen,
anstatt sie immerfort zu loben und zu küssen.

Ich dachte manchmal auch bei mir in meinem Wahn,
dass man das Öffnen einer solchen Blüte auch

erzwingen kann!
Ich wusste,
in ihr ist eine Ordnung eingeschrieben.
Aber ich wusste nichts vom

Danken und Lieben!
Ich wusste nicht, dass sich eine
solche Ordnung stillt,
indem sie sich
mit Dank
und Liebe füllt;
und dass eine Blume,
die dieses Lieben versäumt,
im Dunkel ihres Mangels
vom Sterben träumt.

Ich wusste nicht,
dass sich im Herzen ihres Schaukelns
zwei Pole stets millionenfach umgaukeln
– wie Raupen, die von ihren Blütenblättern zehren –
um dann als Schmetterlinge in das Licht zurückzukehren.
Zwei Schmetterlinge, die in ihren Flügelspitzen
millionenfache Wandlungskraft besitzen,
die sich in achtfach-sechzehnfacher Bitte
den Urwurf neu erschaukeln
aus der Mitte!

Ich
wusste nicht,
dass diese ganze Welt
im Schaukeln dieser Blume
lächelt oder
fällt!

Und diese Blume stellt sich nun bereit
für diesen Wurf in eine
Neue Zeit:

Als Kelch im Kelch
– als Spiegel aller Namen –
die je vom Himmel fielen ihr
als Glockenblumensamen!
Sie nimmt es an das Spiel
– sie deutet es uns aus –
sie führt vom
Zweifel
wieder uns
zurück nach Haus.‘

Sonnenauge saß staunend auf seinem Wolkenschaf.
Was durfte er nicht alles erkennen und erleben!

Der Raum
Zwischen Himmel und Erde
sah so unglaublich
nah und heilsam
aus!